BGH: Betrug der Betreiberin eines Pflegedienstes durch Einsatz minder qualifizierten Personals

Es ist als Betrug gegenüber der Kranken- und Pflegekasse zu bewerten, wenn das von einem Pflegedienst eingesetzte Pflegepersonal nicht über die in dem Vertrag mit der Kasse vereinbarte, sondern nur über eine mindere Qualifikation verfügt. Dies stellte der Bundesgerichtshof klar und bestätigte die Verurteilung der Betreiberin eines ambulanten Pflegedienstes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. Das entsprechende Urteil des Landgerichts Hagen ist mit dem Beschluss vom 16.06.2014 (Az.: 4 StR 21/14, rechtskräftig).

Personal mit besonderer Qualifikation sollte Intensivpflege leisten

Nach den Feststellungen des LG hatte sich die Angeklagte gegenüber einer Kranken- und Pflegekasse vertraglich verpflichtet, die langfristige Pflege eines schwerkranken Wachkomapatienten zu übernehmen. Der Vertrag sah vor, dass eine bestimmte Anzahl täglicher Pflegestunden erbracht und für die Pflege nur Pflegepersonal mit einer besonderen Qualifikation für Intensivpflege eingesetzt werden sollte. Gegenüber der Kasse rechnete die Angeklagte eine überhöhte Anzahl Arbeitsstunden ab und versah die den Rechnungen beigefügten Leistungsnachweise überwiegend mit gefälschten Unterschriften der Ehefrau des Patienten. Außerdem hatte sie für die Pflege entgegen der vertraglichen Vereinbarung durchweg geringer qualifiziertes Personal eingesetzt. Der Pflegezustand des Patienten war während der Betreuung durch den Pflegedienst der Angeklagten dennoch gut.

LG: Leistungserbringung durch geringer qualifiziertes Personal bedingt Vermögensschaden

Das LG hatte die Angeklagte wegen Betrugs und Urkundenfälschung in zahlreichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Es hatte in der Geltendmachung der Vergütungsansprüche durch die Angeklagte eine Täuschung der Kranken- und Pflegekasse über die vertragsgemäße Erbringung der Pflegeleistungen gesehen. Durch die Bezahlung der Rechnungen sei dieser auch insoweit ein Vermögensschaden entstanden, als die Leistungen mit geringer qualifiziertem Personal erbracht worden seien.

BGH bestätigt Rechtsansicht der Vorinstanz

Der BGH hat die gegen das Urteil eingelegte Revision der Angeklagten verworfen. Die Verurteilung wegen Betrugs sei rechtsfehlerfrei erfolgt. Der Angeklagten habe kein Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse zugestanden. Denn das Unterschreiten der nach dem Vertrag vereinbarten Qualifikation des eingesetzten Pflegepersonals führe nach den insoweit maßgeblichen Grundsätzen des Sozialrechts auch dann zum vollständigen Entfallen des Vergütungsanspruchs des Betreibers eines Pflegedienstes, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht wurden. Im vorliegenden Fall kam laut BGH hinzu, dass die eingesetzten Mitarbeiter des Pflegedienstes der Angeklagten aufgrund ihrer geringeren Qualifikation eine hinreichende Versorgung des Patienten etwa in Notfallsituationen nicht sicherstellen konnten, weshalb die erbrachten Leistungen keine gleichwertige Gegenleistung für die Zahlungen der Krankenkasse darstellten. In Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Abrechnungsbetrug bei kassen- und privatärztlichen Leistungen sei daher der Kranken- und Pflegekasse ein Betrugsschaden in voller Höhe der an die Angeklagte gezahlten Beträge entstanden.