Landgericht Berlin verurteilt Bezirksamt Mitte zur Zahlung von Pflegevergütung an Pflegedienst

Das Landgericht Berlin hat das Bezirksamt Mitte von Berlin als Sozialhilfeträger verurteilt, an einen Pflegedienst Vergütung für erbrachte Pflegeleistungen zu bezahlen. Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Pflegedienst versorgte eine im Bezirk Mitte von Berlin wohnende Klientin und schloss hierzu mit ihr einen Pflegevertrag. Da die Klientin mittellos war, wurde vereinbart, dass die Klientin Hilfe zur Pflege beim Sozialhilfeträger beantragt und die Hilfs- und Pflegeleistungen in dem Umfang erbracht werden wie der Sozialhilfeträger sie bewilligt. Auf den entsprechenden Antrag führte das Amt eine Bedarfsfeststellung durch und bewilligte per Bescheid die Kosten für die vom Pflegedienst auszuführenden Pflegeleistungen.

Der Pflegedienst erbrachte die bewilligten Leistungen und rechnete diese gegenüber dem Bezirksamt Mitte ab. Nachdem der Pflegedienst keine Vergütung auf seine Rechnungen erhielt und die Bezahlung anmahnte, forderte das Bezirksamt den Pflegevertrag an und erklärte sodann, die Vergütung nicht zu bezahlen, da der Pflegevertrag unwirksam sei. Die Leistungsvereinbarung zwischen Pflegedienst und Hilfeempfänger sei nicht hinreichend bestimmt. Da kein wirksames Schuldverhältnis zwischen Pflegedienst und Patient bestehe, könne das Bezirksamt dieser Schuld auch nicht beitreten, sodass der Pflegedienst keine Vergütung beanspruchen könne.

Der Pflegedienst verklagte daraufhin das Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Mitte auf Bezahlung der erbrachten Leistungen. Auch wenn im Pflegevertrag nicht exakt die zu erbringenden Leistungen sowie die Preise bezeichnet worden sind, ergebe sich aus den Bewilligungsbescheiden, welche Leistungen zu welchem Preis zu erbringen waren. Daher bestehe ein hinreichend bestimmter Pflegevertrag, auf dessen Grundlage das Bezirksamt wirksam der Schuld des Pflegebedürftigen beigetreten sei.

Das Bezirksamt Mitte ließ sich anwaltlich vertreten und bestritt im Klageverfahren nicht nur die Wirksamkeit des Pflegevertrags, sondern darüber hinaus „mit Nichtwissen“, dass der Pflegedienst überhaupt Leistungen erbracht habe. Außerdem wurde „mit Nichtwissen“ bestritten, dass die Unterschriften und Handzeichen auf den Leistungsnachweisen echt sind bzw. die Hilfeempfängerin gewusst hat, was sie mit ihrer Unterschrift bestätigt habe. Der Pflegedienst sei auch früher schon „auffällig“ gewesen.

Dieser Argumentation erteilte das Landgericht Berlin eine Absage und verurteilte den Sozialhilfeträger zur Zahlung von ca. 40.000,00 € an den Pflegedienst. Aus § 120 SGB XI ergebe sich in Übereinstimmung mit zivilrechtlichen Grundsätzen eine Vergütungspflicht schon bei bloßem Tätigwerden des Pflegedienstes. Die sich aus § 120 SGB XI ergebenden Regelungen dienen lediglich Beweis- und Transparenzzwecken, sie haben jedoch keine konstitutive Wirkung, sodass die erbrachten Leistungen zu vergüten sind. Der Pflegedienst habe durch Vorlage der Leistungsnachweise dezidiert dargelegt, welche Leistungen aufgrund des Bewilligungsbescheides erbracht worden sind. Dies könne der Sozialhilfeträger nicht mit „Nichtwissen“ in Abrede stellen. Er habe als Gesamtschuldner eine Informationspflicht und ihm sei es durchaus möglich und zumutbar, die tatsächliche Leistungserbringung zu überprüfen, falls er daran Zweifel habe. Das Bezirksamt Mitte von Berlin sei daher verpflichtet, die erbrachten und bewilligten Leistungen auch zu vergüten.

LG Berlin Urteil vom 16.10.2018, Geschäftsnummer 21 O 32/18 (nicht rechtskräftig)