Bundessozialgericht: Wohngruppenzuschlag darf nicht auf Hilfe zur Pflege angerechnet werden

Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.05.2017 – B 8 SO 14/16 R –

Das BSG hat am 12.05.2017 entschieden, dass der Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI grundsätzlich nicht auf Leistungen der Hilfe zur Pflege anrechenbar ist. 

Dies war insbesondere im Land Berlin von den dortigen Sozialhilfeträgern so gehandhabt worden. Gegen die Anrechnung hatten sich die Hilfebedürftigen zunächst erfolglos vor dem Sozialgericht Berlin und dem LSG Berlin-Brandenburg gewehrt. Das BSG hat diese Rechtsprechung nun gekippt. 

Beim Wohngruppenzuschlag handelt es sich nach dem BSG-Beschluss nicht um nach dem SGB XII zu berücksichtigendes Einkommen. 

Der Wohngruppenzuschlag geht den Leistungen der Hilfe zur Pflege auch nicht als zweckentsprechende Leistung im Sinne des § 66 Abs 4 Satz 1 SGB XII vor. 

Die Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII, die auf Grundlage der bis zum 31.12.2016 geltenden Gesetzesfassung erbracht worden sind, erfassen ‑ auch soweit sie (nach altem Recht) über die Leistungen der Pflegeversicherung hinaus gehen konnten ‑ lediglich die individuell pflegerischen Bedarfe des Leistungsberechtigten. Soweit die Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs 3 SGB XII im Land Berlin eine Pauschale für die in einer Wohngruppe zu erbringenden ambulanten Leistungen vorsieht, sind auch diese ‑ den bundesgesetzlichen Vorgaben entsprechend ‑ als individuell pflegerische Leistungen vereinbart worden. 

Der Wohngruppenzuschlag dient dagegen nicht unmittelbar der individuellen pflegerischen Versorgung, sondern soll dem zusätzlichen (vor allem organisatorischen und verwaltenden) Aufwand in einer Wohngruppe Rechnung tragen. 

Dem Leistungsberechtigten kann schließlich nicht entgegengehalten werden, dass ggf von den ambulanten Pflegediensten in Berlin schon seit 2005 tatsächlich Leistungen erbracht worden sind, die dem zusätzlichen organisatorischen und verwaltenden Aufwand in Wohngruppen demenzkranker Bewohner geschuldet waren.

Damit sind unzählige Bescheide von Berliner Sozialämtern aufzuheben und Sozialhilfe für etliche Monate nachzuzahlen.

Praxistipp:

Überprüfen Sie sämtliche Bescheide über bewilligte Hilfe zur Pflege dahingehend, ob der Sozialhilfeträger den von der Pflegekasse gewährten Wohngruppenzuschlag angerechnet hat. Ist dies der Fall, können unter Hinweis auf die BSG-Rechtsprechung Anträge auf Überprüfung der Bescheide gestellt werden.

Für den Fall, dass Widerspruch gegen die Anrechungsbescheide erhoben worden sind, können Sie die Sozialämter zur Abhilfe des Widerspruchs auffordern.