Vorsicht bei Abrechnungsprüfung durch den MDK

Gesetzlicher Ausgangspunkt der Abrechnungsprüfung ist § 114 Abs.2 S.6 SGB XI, wonach die MDK-Prüfung auch die Abrechnung der Leistungen umfasst.

Ab dem 01.10.2016 enthalten die Qualitätsprüfungsrichtlinien (QPR) entsprechende Einzelheiten, wie die Abrechnungsprüfungen durchzuführen ist. Enthalten sind auch Änderungen bei der Einwilligung.  

Einbeziehung in die Prüfung setzt Einwilligung voraus

Die Einbeziehung in die Prüfung setzt die Einwilligung des Pflegebedürftigen oder eines hierzu Berechtigten (vertretungsberechtigte Person, gesetzlich bestellter Betreuer) voraus. 

Die Einwilligung ist nach § 114a Absatz 2und 3 SGB XI erforderlich für  

  • das Betreten der Wohnung des Pflegebedürftigen, 
  • die Inaugenscheinnahme des gesundheitlichen und pflegerischen Zustands des Pflegebedürftigen,  
  • die Einsichtnahme in die Pflegedokumentation sowie in abrechnungsrelevante Unterlagen,   
  • die Befragung des Pflegebedürftigen, der Beschäftigten des Pflegedienstes, der Betreuer sowie der Angehörigen,  
  • die damit jeweils zusammenhängende Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten von Pflegebedürftigen einschließlich der Erstellung von Kopien zum Zwecke der Erstellung eines Prüfberichtes.  

Die Einwilligung muss vor der Einbeziehung des Pflegebedürftigen in die Prüfung vorliegen. 

Vor der Einholung der Einwilligung des Pflegebedürftigen oder einer hierzu berechtigten Person sind diese aufzuklären über   

  • Anlass und Zweck sowie Inhalt, Umfang, Durchführung und Dauer der Maßnahme,   
  • den  vorgesehenen  Zweck  der  Verarbeitung  und  die  Nutzung  der  dabei  erhobenen personenbezogenen Daten,   
  • die Freiwilligkeit der Teilnahme und   
  • die jederzeitige Widerrufbarkeit der Einwilligung.  

Ferner  ist  im  Rahmen  der  Aufklärung  darauf  hinzuweisen,  dass  im  Falle  der  Ablehnung  dem Pflegebedürftigen keine Nachteile entstehen.

Grundsätzlich ist die Einwilligung schriftlich in Textform mit Unterschrift einzuholen. Ist ein Berechtigter nicht am Ort einer unangemeldeten Prüfung anwesend und ist eine rechtzeitige Einholung der Einwilligung in Textform nicht möglich, so genügt ausnahmsweise eine mündliche Einwilligung, wenn andernfalls die Durchführung der Prüfung erschwert würde.

Änderung durch PSG II

Nach § 114 Abs. 2 S. 6 SGB XI sind folgende Leistungen Gegenstand der Abrechnungsprüfung:

  • allgemeine Pflegeleistungen,
  • medizinischen Behandlungspflege,
  • der sozialen Betreuung einschließlich der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung im Sinne des § 87b,
  • der Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung (§ 87),
  • der Zusatzleistungen (§ 88)
  • der nach § 37 SGB V erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege.

Es wird also die Abrechnung aller Leistungen des Pflegedienstes überprüft, die auf der Grundlage der Versorgungsverträge erbracht werden (§§ 75, 89 SGB XI und § 132a SGB V). 

Allerdings enthält die neue QPR unter Ziffer 8 die Einschränkung, dass Leistungen nach § 36 SGB XI und nach § 37 SGB V in die Abrechnungsprüfung einbezogen werden. Nach der QPR wird also z.B.§ 39 SGB XI, Verhinderungspflege, § 41 SGB XI, Tages- und Nachtpflege nicht in die Prüfung einbezogen. 

Da der MDK nur das prüfen darf, was in der QPR-Richtlinie steht, muss man den MDK ggf. darauf hinweisen, dass nach der neuen QPR nur § 36 SGB XI (Pflegesachleistung) geprüft werden darf. 

Ablauf der Abrechnungsprüfung:

Der Ablauf der Abrechnungsprüfung ist in Ziffer 8 der neuen QPR beschrieben:

  1. Die Abrechnungsprüfung erfolgt demnach für mindestens sieben Tage, davon nach Möglichkeit einschließlich eines Wochenendes oder zweier Feiertag
  2. Die Prüferin/der Prüfer kann eigenständig weitere Tage zur Sicherstellung des festgestellten Sachverhaltes/zur eindeutigen Klärung des Abrechnungsverhaltens in die Abrechnungsprüfung einbeziehen.
  3. Stellt der MDK oder der PKV-Prüfdienst im Rahmen einer Qualitätsprüfung Auffälligkeiten in der Abrechnung fest, kann die Regelprüfung im Auftrag der Landesverbände der Pflegekassen in eine abrechnungsbezogene Anlassprüfung umgewandelt werden.
  4. Die Abrechnungsprüfung erfolgt bei der Personenstichprobe.

Bewertungsmaßstab der Abrechnungsprüfung ist insbesondere:

  • der Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 SGB XI einschließlich Anlagen, 
  • die aktuell geltende Vergütungsvereinbarung nach § 89 SGB XI sowie 
  • der Vertrag nach § 132a Abs. 2 SGB V einschließlich der für die Prüfung notwendigen Anlagen und
  • die HKP-Richtlinie. 

Die Vergütungsvereinbarungen bzw. Verträge nach § 132a SGB V sind vom ambulanten Pflegedienst bereit zu halten. Wenn für privat versicherte Pflegebedürftige keine Vertragsunterlagen zur Verfügung stehen, ist bei diesen Personen eine Prüfung der vertragskonformen Abrechnung der Leistungen nicht möglich.

Bitte beachten Sie die Regelungen dieser Verträge zum Personaleinsatz! Dort ist geregelt, welches Personal Sie einsetzten dürfen!

Vorzuhaltende Unterlagen für die Abrechnungsprüfung

Unterlagen, die zur Abrechnungsprüfung eingesehen werden, sind insbesondere:

  • Pflegeverträge, 
  • Kostenvoranschläge, 
  • Pflegedokumentationen, 
  • Durchführungsnachweise/Leistungsnachweise, 
  • Rechnungen, 
  • Handzeichenlisten, 
  • Qualifikationsnachweise,
  • Dienstpläne, 
  • Einsatz- oder Tourenpläne, 
  • Stundennachweise gemäß Arbeitszeitgesetz, 
  • Arbeitsverträge/Mitarbeiterlisten mit Stellenanteilen, 
  • Berufsurkunden, 
  • Verordnungen für häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 1, 1a und 2 SGB V, 
  • Genehmigungen der Krankenkassen für Leistungen nach § 37 SGB V

Liegen die entsprechenden Unterlagen nicht vor, ist die Abrechnungsprüfung dennoch so weit als möglich durchzuführen. Im Prüfbericht ist zu vermerken, welche Gründe hierfür vorlagen. 

Auffälligkeiten bei der Abrechnungsprüfung

Bei Auffälligkeiten in der Abrechnung werden Kopien der relevanten Unterlagen angefertigt. Kopien können also nur zur Beweissicherung gefertigt werden, also nur dann und sonst nicht! Lassen Sie sich die Auffälligkeiten zeigen und erklären.

Bei Auffälligkeiten in der Abrechnungsprüfung wird der Prüfbericht auch an die Pflegekasse versendet, bei der der betreffende Pflegebedürftige versichert ist. Dabei wird gegenüber der betroffenen Pflegekasse in einem gesonderten Dokument offen gelegt, bei welchem Pflegebedürftigen (Name, Vorname, Geburtsdatum) Auffälligkeiten festgestellt worden sind. Der betroffenen Pflegekasse werden zur Beweissicherung Kopien abrechnungsrelevanter Unterlagen als Anlage zum Prüfbericht zugeleitet. 

Konsequenzen bei fehlerhafter Abrechnung

Die Konsequenzen fehlerhafter Abrechnung reichen von Regressforderungen der Kostenträger, über vertragsrechtliche Konsequenzen (Abmahnung, Kündigung) bis hin zur strafrechtlichen Verfolgung wegen Verdacht auf Abrechnungsbetrug. 

Bei Auffälligkeiten werden in der Regel auch die Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen nach § 47a SGB XI und § 197a SGB V eingeschaltet, die wiederum die Staatsanwaltschaft über den Vorgang informieren. 

Achten Sie bei Regressforderungen darauf, dass es nicht zu einem Zahlungsstopp gegenüber Ihrer Abrechnungsfirma (OPTA DATA, MEDIFOX, etc.) kommt. Die Abwicklung des Regresses erfolgt in der Regel durch den Abschluss einer Rückzahlungsvereinbarung. 

Achten Sie darauf, dass der Unterschied zwischen einer fehlerhaften Abrechnung und einer bewusst betrügerischen Abrechnung deutlich gemacht wird. Nicht jede Falschabrechnung ist ein Abrechnungsbetrug.

Streng formale Betrachtungsweise

Allerdings liegt der Verdacht auf Betrug häufig nahe, wenn die sehr detaillierten sozialrechtlichen Abrechnungsbestimmungen vom Pflegedienst systematisch nicht beachtet werden. Es gilt der Grundsatz „peinlich genauer Abrechnung“ (BSG 18.8.1972 – 6 RKa 28/71; 17.10.2012 – B 6 KA 19/12 B; ständige Rechtsprechung). 

Trotz der Komplexität des Abrechnungsgeschehens gehen sowohl die Sozialgerichtsbarkeit, wie auch ihr folgend die Strafjustiz von einer streng formalen Betrachtungsweise aus. Werden die gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen nicht eingehalten, haben die Leistungserbringer in der Regel keinen Anspruch auf Vergütung. 

Verdacht auf Abrechnungsbetrug

Der BGH hat durch Beschluss vom 16. Juni 2014 (4 StR21/14) klargestellt, dass – jedenfalls in der entschiedenen Ausnahmekonstellation – ein Abrechnungsbetrug vorliegt, wenn ein ambulanter Pflegedienst Leistungen abrechnet, die von Mitarbeitern erbracht wurden, die nicht über die mit der Kranken- und Pflegekasse vertraglich vereinbarte Qualifikation verfügen.

Kommt es zu einem Ermittlungsverfahren, ist die Einschaltung eines auf das Gesundheitswesen spezialisierten Fachanwaltes für Strafrecht (Strafverteidiger) zusätzlich zu einem auf das Pflegerecht spezialisierten Fachanwalt für Sozialrecht geboten.