Grobe Pflichtverletzung eines gerichtlich bestellten Betreuers rechtfertigt Kündigung eines Heimvertrages

Begeht ein Betreuer schwere Pflichtverletzungen, so kann dies auch dann die außerordentliche Kündigung des Heimplatzes rechtfertigen, wenn damit eine erhebliche Belastung der betreuten Person verbunden ist.

Im konkreten Fall ging es um eine schwerstbehinderte Person, die von ihrer Mutter gesetzlich betreut wurde. Kurz nach Einzug in die Einrichtung traten Konflikte auf. Das Heim beschwerte sich darüber, dass die Betreuerin ihrer Pflicht, zu kooperieren, nicht nachkam. Kooperation ist eine Nebenpflicht, die sich aus dem Heimvertrag ergibt. Die Betreuerin beanstandete dabei die Betreuung und die Pflege. Nachdem die Situation eskalierte, sprach die Einrichtung die Kündigung aus, weil der Lebensgefährte der Betreuerin in persönlich herabwürdigender, beleidigender Weise gegenüber dem Personal aufgetreten sei und versucht habe, das Personal „anzurempeln“. Die Betreuerin habe nicht mäßigend auf ihren Lebensgefährten eingewirkt. Schlichtungsgespräche seinen ergebnislos verlaufen. Eine Bereitschaft zur Kooperation sei nicht erkennbar gewesen.

Gerade bei der Betreuung und Pflege erfordere die sehr verantwortungsvolle und mit emotionalen Belastungen verbundene Tätigkeit ein stabiles Vertrauensverhältnis zwischen den Mitarbeitern des Heims auf der einen und dem Bewohner und deren Angehörigen auf der anderen Seite. Dieses sei durch das Verhalten des Lebensgefährten und der Betreuerin so erschüttert gewesen, dass eine Fortsetzung des Heimvertrages trotz der damit verbundenen Belastung der Bewohnerin gerechtfertigt sei.

Damit sei die Kündigung des Heimvertrages zu Recht erfolgt. Der Bewohnerin wurde eine Räumungsfrist von sechs Monaten eingeräumt, so lange konnte sie in der fraglichen Einrichtung verbleiben.

Fazit: Wenn Sie als Bewohner, Angehöriger, Vorsorgebevollmächtigter oder Betreuer Beschwerden bei einer Pflegeeinrichtung anbringen wollen, tun Sie dies in möglichst sachlicher, emotionsfreier Art und Weise. Wenn Sie sich über Missstände im Heim aufregen, sprechen Sie diese nicht direkt an. Beschweren Sie sich mit einigem zeitlichen Abstand. Formulieren Sie Ihre Beschwerde schriftlich. Gerne hilft der BIVA-Beratungsdienst seinen Mitgliedern beim Versachlichen einer Beschwerde.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.05.2019, Az. 2 U 121/18