Krankenkasse muss transportable Sauerstoffflaschen zur Mobilitätserhaltung stellen

Eine 16-jährige, geistig behinderte Jugendliche, die an einer chronischen Herzinsuffizienz leidet und deren Lunge massiv geschädigt ist, hat zur Erhaltung ihrer Mobilität gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für monatlich drei befüllte (transportable) Sauerstoffdruckgasflaschen hat. Dies hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in einem Eilverfahren entschieden (Beschluss vom 11.12.2014 – 4 KR 485/14 B ER).

Krankenkasse will keine befüllten Sauerstoffflaschen mehr zur Verfügung stellen

Die 16-Jährige lebt bei ihren Pflegeeltern und erhält Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII. Aufgrund ihres Lungenschadens benötigt sie Hilfe beim Atmen. Über einen Zeitraum von zwölf Jahren hat die Krankenkasse ihr Flüssigsauerstoff und zusätzliche Sauerstoffdruckgasflaschen im Umfang von zwölf Flaschen pro Monat bewilligt. Seit Februar 2014 hat die Krankenkasse die monatliche Versorgung mit befüllten Sauerstoffflaschen nicht mehr übernommen und als kostengünstigere Alternative stattdessen eine Druckgasfüllstation und zwei Sauerstoffflaschen zur Verfügung gestellt. Bei einem längeren Urlaub bestünde die Möglichkeit, die Flaschen durch einen gewerblichen Betrieb am Urlaubsort zu befüllen, sodass keine Einschränkung der Mobilität vorliege. Die Jugendliche führt dagegen an, dass ohne Versorgung mit weiteren – befüllten – Sauerstoffflaschen ihre Mobilität, insbesondere in Schule, Freizeit und Urlaub (zum Beispiel auf Klassenfahrten und Familienausflügen) nicht mehr gewährleistet sei.

SG billigt Entscheidung der Krankenkasse unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkt

Das Sozialgericht hat die Entscheidung der Krankenkasse im Hinblick auf den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz (§ 12 Abs. 1 SGB V) bestätigt. Es sei von einer für den täglichen Gebrauch ausreichenden Versorgung auszugehen. Für Kurzurlaube und Klassenfahrten sei die Möglichkeit des Befüllens der Flaschen vor Ort zumutbar.

LSG: Allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen

Dies sieht das LSG anders. Es führt aus, dass es sich bei der Versorgung mit Sauerstoffdruckgasflaschen um ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich handele, das die gesetzliche Krankenkasse in diesem Fall zu gewähren habe, weil es die Auswirkungen der Behinderung im täglichen Leben beseitige beziehungsweise mildere und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffe.

Integration setzt über Nahbereich hinausgehende Mobilität voraus

Hierzu zähle auch die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraumes, wobei bei der Integration von Kindern und Jugendlichen in den Kreis Gleichaltriger eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität als Grundbedürfnis anerkannt sei. Hier sei es bereits ausreichend, dass durch das begehrte Hilfsmittel die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft wesentlich gefördert werde.

Mögliche Durchführung von Kurzurlauben besonders bedeutsam

Das LSG hat weiter ausgeführt, bei der 16-jährigen Antragstellerin bestehe ein komplexes Krankheitsbild, sodass nur Kurzurlaube von drei bis vier Tagen unter Berücksichtigung ihres Allgemeinzustandes und des Wetters möglich seien. Durch die transportablen Sauerstoffdruckgasflaschen würden ihr eine größere Mobilität gewährt und Aktivitäten ermöglicht, die ihr ansonsten nicht oder nur unter erheblicher Gefährdung ihrer Gesundheit möglich wären. Dieser zusätzlich gewonnene Freiraum zähle bei der minderjährigen und schulpflichtigen Antragstellerin zu den Grundbedürfnissen. Da sie aufgrund der nicht mehr zur Verfügung gestellten Sauerstoffdruckflaschen bereits seit Februar 2014 daran gehindert sei, an Klassenfahrten teilzunehmen und entsprechende Unternehmungen mit ihren Pflegeeltern durchzuführen, lägen ernstzunehmende Einschränkungen in ihrer Lebensführung vor.

Haushaltshilfe auch ohne minderjähriges Kind im Haushalt möglich

Nach § 38 Abs. 1 S.3 SGB V in der seit 01.01.2016 geltenden Fassung erhalten Versicherte auch dann Haushaltshilfe, wenn ihnen die Weiterführung des Haushalts wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, nicht möglich ist, längstens jedoch für die Dauer von vier Wochen. Es ist nicht mehr Voraussetzung, dass ein Kind im Haushalt lebt. Wenn im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist, verlängert sich der Anspruch auf längstens 26 Wochen.

DAK-Ablehungspraxis rechtswidrig

Die aktuelle Ablehnungspraxis der DAK, Versicherte für die Leistungserbringung bei häuslicher Krankenpflege auf nahe Angehörige oder sonstige Pflegepersonen zu verweisen, ist in fast allen Fällen rechtswidrig. Die DAK bezieht sich zur Begründung ihrer Ablehnungen von Verordnungen häuslicher Krankenpflege auf die Vorschrift des § 37 Abs 3 SGB V. Danach kann der Anspruch auf häusliche Krankenpflege ausgeschlossen werden kann, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang pflegen und versorgen kann.

Das BSG hat schon in seinem Urteil vom 30.03.2000 – B 3 KR 23/99 R – entschieden, dass ein Leistungsausschluss nur dann besteht, wenn sowohl der Versicherte bereit ist, sich von dem Angehörigen pflegen zu lassen, als auch der pflegende Angehörige mit der Durchführung der Pflege einverstanden ist (aktive und passive Pflegebereitschaft). Zahlreiche weitere Urteile der Sozialgerichtsbarkeit haben Versuche der Krankenkassen, sich Ihrer Leistungspflicht auf diesem Wege über § 37 Abs. 3 SGB V zu entziehen, zurückgewiesen.

Ohne Einverständnis der Leistungserbringung durch den Versicherten und ohne die zusätzliche Bereitschaft des Angehörigen, die Leistung zu erbringen, kann die Kostenübernahme also nicht verweigert werden. Ein Einverständnis des Versicherten ist insbesondere bei Injektionen (auch s.c.) erforderlich, denn jeder Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist tatbestandlich eine Körperverletzung, die nur mit Einverständnis des Betroffenen rechtmäßig sein kann. Nur wenn die Pflege durch eine im Haushalt lebende Person ohne nachvollziehbare Begründung abgelehnt wird, kann Ausschlussgrund § 37 Abs. 3 SGB V vorliegen.

Außerdem ist zu beachten, dass gemäß § 37 Abs. 3 SGB V der Anspruch auf häusliche Krankenpflege nur dann ausgeschlossen werden kann, soweit die pflegende Person im Haushalt des Versicherten lebt. Angehörige oder andere Pflegepersonen, die nicht im Haushalt des Versicherten wohnen, können nicht herangezogen werden. 

LSG Berlin-Brandenburg rügt Bezirksamt Mitte von Berlin wegen Diskriminierung

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat in einer Entscheidung vom 21.09.2016 (L 15 SO 183/16 B ER) das Bezirksamt Mitte von Berlin wegen Diskriminierung russisch-sprachiger, auf Sozialhilfe angewiesener Bürger gerügt. 

Konkret ging es um eine 93-jährige Frau, die aufgrund von erheblicher Gesundheitsstörungen einen umfassenden Pflege- und Hilfebedarf aufwies. Trotz eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), das der Frau einen umfassenden Pflegebedarf attestierte, stellte eine Mitarbeiterin des Bezirksamtes einen wesentlich geringeren Pflegebedarf fest und kürzte die Leistungen in sehr erheblichem Umfang. Das Landessozialgericht verpflichtete das Bezirksamt daraufhin zur Gewährung der benötigten Hilfe wie vom MDK festgestellt und rügte das Bezirksamt Mitte mit deutlichen Worten wegen seiner (nach unserer Auffassung) diskriminierenden Vorgehensweise. Wörtlich wird ausgeführt:

„(…) Der Antragsgegner ist nach Beobachtung des Senats, bedingt durch Unregelmäßigkeiten bei einigen „schwarzen Schafen“ unter den Pflegediensten, geneigt, dann Zweifel an der Pflegebedürftigkeit oder dem Ausmaß der Pflegebedürftigkeit zu äußern, wenn ein „russischer“ Pflegedienst, also einer der von russischen oder ehemals russischen Bürgern geführt wird, die Pflege übernimmt und zusätzlich Angehörige des zu Pflegenden selbst bei einem Pflegedienst – nicht notwendig dem den Angehörigen pflegenden – beschäftigt ist, wie es auch vorliegend der Fall ist. Auch wenn der Senat selbstverständlich die Notwendigkeit erkennt, berechtigten Zweifeln nachzugehen, so muss das Vorgehen dabei gewährleisten, dass die Pflegeleistungen nur dann entzogen oder reduziert werden, wenn eindeutig ist, dass sie nicht notwendig sind. Dies ist durch sorgfältige Ermittlungen, wie ausgeführt ggfs. durch Zuziehung eines ärztlichen Gutachters, zu verifizieren. (…)“

Der Beschluss ist rechtskräftig.

Ausweitung des GKV-Leistungskataloges: Subkutane Infusion im Rahmen der häuslichen Krankenpflege künftig auch ambulant verordnungsfähig

Subkutane Infusionen können im Rahmen der häuslichen Krankenpflege (HKP) unter bestimmten Voraussetzungen auch ambulant zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden. Einen entsprechenden Beschluss hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) nach vorheriger umfassender Analyse von aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen am Donnerstag in Berlin gefasst.

„Die Regelung kommt vor allem älteren Patientinnen und Patienten zugute, bei denen die Gefahr des Austrocknens beispielsweise durch Fieber erhöht ist und die krankheitsbedingt nicht in der Lage sind, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen“, sagte Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des zuständigen Unterausschusses veranlasste Leistungen.

Bei subkutanen Infusionen werden größere Mengen Flüssigkeit direkt unter die Haut verabreicht, um das Austrocknen von pflegebedürftigen und häufig auch multimorbiden Patientinnen und Patienten zu verhindern. Sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich gilt die Behandlung als sichere, schonende und komplikationsarme Alternative zur intravenösen Infusion. Sie wird bislang überwiegend im Krankenhaus in der Altenmedizin (Geriatrie) und in der Versorgung von unheilbar schwerkranken und sterbenden Menschen (Palliative Care) eingesetzt.

Für die Verordnungsfähigkeit der Leistung gelten dem Beschluss des G-BA zufolge klar definierte Kriterien: So müssen sich die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt vom Zustand der Patientin oder des Patienten sowie der medizinischen Notwendigkeit der Maßnahme persönlich überzeugen. Die subkutane Infusion darf dann nur nach sorgfältiger Abwägung und nach einer engen Indikationsstellung verordnet werden. Eine Verordnung als rein prophylaktische Maßnahme ist durch den Beschluss des G-BA nicht gedeckt.

Vorsicht bei Abrechnungsprüfung durch den MDK

Gesetzlicher Ausgangspunkt der Abrechnungsprüfung ist § 114 Abs.2 S.6 SGB XI, wonach die MDK-Prüfung auch die Abrechnung der Leistungen umfasst.

Ab dem 01.10.2016 enthalten die Qualitätsprüfungsrichtlinien (QPR) entsprechende Einzelheiten, wie die Abrechnungsprüfungen durchzuführen ist. Enthalten sind auch Änderungen bei der Einwilligung.  

Einbeziehung in die Prüfung setzt Einwilligung voraus

Die Einbeziehung in die Prüfung setzt die Einwilligung des Pflegebedürftigen oder eines hierzu Berechtigten (vertretungsberechtigte Person, gesetzlich bestellter Betreuer) voraus. 

Die Einwilligung ist nach § 114a Absatz 2und 3 SGB XI erforderlich für  

  • das Betreten der Wohnung des Pflegebedürftigen, 
  • die Inaugenscheinnahme des gesundheitlichen und pflegerischen Zustands des Pflegebedürftigen,  
  • die Einsichtnahme in die Pflegedokumentation sowie in abrechnungsrelevante Unterlagen,   
  • die Befragung des Pflegebedürftigen, der Beschäftigten des Pflegedienstes, der Betreuer sowie der Angehörigen,  
  • die damit jeweils zusammenhängende Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten von Pflegebedürftigen einschließlich der Erstellung von Kopien zum Zwecke der Erstellung eines Prüfberichtes.  

Die Einwilligung muss vor der Einbeziehung des Pflegebedürftigen in die Prüfung vorliegen. 

Vor der Einholung der Einwilligung des Pflegebedürftigen oder einer hierzu berechtigten Person sind diese aufzuklären über   

  • Anlass und Zweck sowie Inhalt, Umfang, Durchführung und Dauer der Maßnahme,   
  • den  vorgesehenen  Zweck  der  Verarbeitung  und  die  Nutzung  der  dabei  erhobenen personenbezogenen Daten,   
  • die Freiwilligkeit der Teilnahme und   
  • die jederzeitige Widerrufbarkeit der Einwilligung.  

Ferner  ist  im  Rahmen  der  Aufklärung  darauf  hinzuweisen,  dass  im  Falle  der  Ablehnung  dem Pflegebedürftigen keine Nachteile entstehen.

Grundsätzlich ist die Einwilligung schriftlich in Textform mit Unterschrift einzuholen. Ist ein Berechtigter nicht am Ort einer unangemeldeten Prüfung anwesend und ist eine rechtzeitige Einholung der Einwilligung in Textform nicht möglich, so genügt ausnahmsweise eine mündliche Einwilligung, wenn andernfalls die Durchführung der Prüfung erschwert würde.

Änderung durch PSG II

Nach § 114 Abs. 2 S. 6 SGB XI sind folgende Leistungen Gegenstand der Abrechnungsprüfung:

  • allgemeine Pflegeleistungen,
  • medizinischen Behandlungspflege,
  • der sozialen Betreuung einschließlich der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung im Sinne des § 87b,
  • der Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung (§ 87),
  • der Zusatzleistungen (§ 88)
  • der nach § 37 SGB V erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege.

Es wird also die Abrechnung aller Leistungen des Pflegedienstes überprüft, die auf der Grundlage der Versorgungsverträge erbracht werden (§§ 75, 89 SGB XI und § 132a SGB V). 

Allerdings enthält die neue QPR unter Ziffer 8 die Einschränkung, dass Leistungen nach § 36 SGB XI und nach § 37 SGB V in die Abrechnungsprüfung einbezogen werden. Nach der QPR wird also z.B.§ 39 SGB XI, Verhinderungspflege, § 41 SGB XI, Tages- und Nachtpflege nicht in die Prüfung einbezogen. 

Da der MDK nur das prüfen darf, was in der QPR-Richtlinie steht, muss man den MDK ggf. darauf hinweisen, dass nach der neuen QPR nur § 36 SGB XI (Pflegesachleistung) geprüft werden darf. 

Ablauf der Abrechnungsprüfung:

Der Ablauf der Abrechnungsprüfung ist in Ziffer 8 der neuen QPR beschrieben:

  1. Die Abrechnungsprüfung erfolgt demnach für mindestens sieben Tage, davon nach Möglichkeit einschließlich eines Wochenendes oder zweier Feiertag
  2. Die Prüferin/der Prüfer kann eigenständig weitere Tage zur Sicherstellung des festgestellten Sachverhaltes/zur eindeutigen Klärung des Abrechnungsverhaltens in die Abrechnungsprüfung einbeziehen.
  3. Stellt der MDK oder der PKV-Prüfdienst im Rahmen einer Qualitätsprüfung Auffälligkeiten in der Abrechnung fest, kann die Regelprüfung im Auftrag der Landesverbände der Pflegekassen in eine abrechnungsbezogene Anlassprüfung umgewandelt werden.
  4. Die Abrechnungsprüfung erfolgt bei der Personenstichprobe.

Bewertungsmaßstab der Abrechnungsprüfung ist insbesondere:

  • der Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 SGB XI einschließlich Anlagen, 
  • die aktuell geltende Vergütungsvereinbarung nach § 89 SGB XI sowie 
  • der Vertrag nach § 132a Abs. 2 SGB V einschließlich der für die Prüfung notwendigen Anlagen und
  • die HKP-Richtlinie. 

Die Vergütungsvereinbarungen bzw. Verträge nach § 132a SGB V sind vom ambulanten Pflegedienst bereit zu halten. Wenn für privat versicherte Pflegebedürftige keine Vertragsunterlagen zur Verfügung stehen, ist bei diesen Personen eine Prüfung der vertragskonformen Abrechnung der Leistungen nicht möglich.

Bitte beachten Sie die Regelungen dieser Verträge zum Personaleinsatz! Dort ist geregelt, welches Personal Sie einsetzten dürfen!

Vorzuhaltende Unterlagen für die Abrechnungsprüfung

Unterlagen, die zur Abrechnungsprüfung eingesehen werden, sind insbesondere:

  • Pflegeverträge, 
  • Kostenvoranschläge, 
  • Pflegedokumentationen, 
  • Durchführungsnachweise/Leistungsnachweise, 
  • Rechnungen, 
  • Handzeichenlisten, 
  • Qualifikationsnachweise,
  • Dienstpläne, 
  • Einsatz- oder Tourenpläne, 
  • Stundennachweise gemäß Arbeitszeitgesetz, 
  • Arbeitsverträge/Mitarbeiterlisten mit Stellenanteilen, 
  • Berufsurkunden, 
  • Verordnungen für häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 1, 1a und 2 SGB V, 
  • Genehmigungen der Krankenkassen für Leistungen nach § 37 SGB V

Liegen die entsprechenden Unterlagen nicht vor, ist die Abrechnungsprüfung dennoch so weit als möglich durchzuführen. Im Prüfbericht ist zu vermerken, welche Gründe hierfür vorlagen. 

Auffälligkeiten bei der Abrechnungsprüfung

Bei Auffälligkeiten in der Abrechnung werden Kopien der relevanten Unterlagen angefertigt. Kopien können also nur zur Beweissicherung gefertigt werden, also nur dann und sonst nicht! Lassen Sie sich die Auffälligkeiten zeigen und erklären.

Bei Auffälligkeiten in der Abrechnungsprüfung wird der Prüfbericht auch an die Pflegekasse versendet, bei der der betreffende Pflegebedürftige versichert ist. Dabei wird gegenüber der betroffenen Pflegekasse in einem gesonderten Dokument offen gelegt, bei welchem Pflegebedürftigen (Name, Vorname, Geburtsdatum) Auffälligkeiten festgestellt worden sind. Der betroffenen Pflegekasse werden zur Beweissicherung Kopien abrechnungsrelevanter Unterlagen als Anlage zum Prüfbericht zugeleitet. 

Konsequenzen bei fehlerhafter Abrechnung

Die Konsequenzen fehlerhafter Abrechnung reichen von Regressforderungen der Kostenträger, über vertragsrechtliche Konsequenzen (Abmahnung, Kündigung) bis hin zur strafrechtlichen Verfolgung wegen Verdacht auf Abrechnungsbetrug. 

Bei Auffälligkeiten werden in der Regel auch die Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen nach § 47a SGB XI und § 197a SGB V eingeschaltet, die wiederum die Staatsanwaltschaft über den Vorgang informieren. 

Achten Sie bei Regressforderungen darauf, dass es nicht zu einem Zahlungsstopp gegenüber Ihrer Abrechnungsfirma (OPTA DATA, MEDIFOX, etc.) kommt. Die Abwicklung des Regresses erfolgt in der Regel durch den Abschluss einer Rückzahlungsvereinbarung. 

Achten Sie darauf, dass der Unterschied zwischen einer fehlerhaften Abrechnung und einer bewusst betrügerischen Abrechnung deutlich gemacht wird. Nicht jede Falschabrechnung ist ein Abrechnungsbetrug.

Streng formale Betrachtungsweise

Allerdings liegt der Verdacht auf Betrug häufig nahe, wenn die sehr detaillierten sozialrechtlichen Abrechnungsbestimmungen vom Pflegedienst systematisch nicht beachtet werden. Es gilt der Grundsatz „peinlich genauer Abrechnung“ (BSG 18.8.1972 – 6 RKa 28/71; 17.10.2012 – B 6 KA 19/12 B; ständige Rechtsprechung). 

Trotz der Komplexität des Abrechnungsgeschehens gehen sowohl die Sozialgerichtsbarkeit, wie auch ihr folgend die Strafjustiz von einer streng formalen Betrachtungsweise aus. Werden die gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen nicht eingehalten, haben die Leistungserbringer in der Regel keinen Anspruch auf Vergütung. 

Verdacht auf Abrechnungsbetrug

Der BGH hat durch Beschluss vom 16. Juni 2014 (4 StR21/14) klargestellt, dass – jedenfalls in der entschiedenen Ausnahmekonstellation – ein Abrechnungsbetrug vorliegt, wenn ein ambulanter Pflegedienst Leistungen abrechnet, die von Mitarbeitern erbracht wurden, die nicht über die mit der Kranken- und Pflegekasse vertraglich vereinbarte Qualifikation verfügen.

Kommt es zu einem Ermittlungsverfahren, ist die Einschaltung eines auf das Gesundheitswesen spezialisierten Fachanwaltes für Strafrecht (Strafverteidiger) zusätzlich zu einem auf das Pflegerecht spezialisierten Fachanwalt für Sozialrecht geboten.

Bundessozialgericht: Tariflöhne sind in der häuslichen Krankenpflege als wirtschaftlich anzuerkennen

BSG – Urteil vom 23.06.2016 –  B 3 KR 25/15 R 

Tariflöhne sind auch in der häuslichen Krankenpflege grundsätzlich als wirtschaftlich anzuerkennen. Dies hat das Bundessozialgericht im Rahmen eines Schiedsspruchverfahrens bestätigt.

Viele ambulante Pflegedienste können nicht mehr kostendeckend arbeiten, weil tarifbedingte Kostensteigerungen in der häuslichen Krankenpflege nur unvollständig refinanziert werden.

Am 23.06.2016 urteilte das BSG über die Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruchs zur häuslichen Krankenpflege. Gegenstand war die Vergütungserhöhung für die Leistungen der häuslichen Krankenpflege in Hessen aus dem Jahr 2009.

In der Verhandlung machte das Gericht deutlich, dass es an seinem Grundsatz der Tarifbindung festhält. Gleichzeitig hält das Bundessozialgericht an dem Grundsatz der Beachtung der Beitragssatzstabilität fest. Weisen die Leistungserbringer jedoch anhand signifikanter bzw. exemplarischer Beispiele nach, dass Tariflöhne gezahlt werden und welche Auswirkungen dadurch zu verzeichnen sind, so erhält der Tarifbindungsgrundsatz Vorrang vor dem Grundsatz der Grundlohnsummenbindung.

Für die soziale Pflegeversicherung (SGB XI) hatte das BSG in diesem Zusammenhang den Grundsatz der Leistungsgerechtigkeit der Entgelte bzw. Pflegesätze entwickelt.

Grundlage der dortigen Verhandlungen über Pflegesätze und Entgelte ist zunächst die Abschätzung der voraussichtlichen Kosten der in der Einrichtung erbrachten Leistungen nach § 85 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 SGB XI anhand einer plausiblen und nachvollziehbaren Darlegung (Prognose).

Daran schließt sich die Prüfung der Leistungsgerechtigkeit nach § 84 Abs. 2 Satz 1 und 4 SGB XI an. Maßgebend hierfür sind die Kostenansätze vergleichbarer Leistungen in anderen Einrichtungen (zweistufiges Prüfschema).

Die Vergütung für ambulante Pflegeleistungen muss auf einem marktorientierten Versorgungskonzept beruhen. Dies bedeutet, dass Vergütungen leistungsgerecht sein und einem Pflegedienst bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen müssen, seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 B 3 P 3/08 R).

Diese Grundsätze für die Vergütung von Pflegeeinrichtungen hat das BSG auch auf die Vergütung der Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V in den Fällen übertragen, in denen Einzelverträge nach § 132a Abs. 4 SGB V geschlossen worden sind (BSG Urteil vom 25.11.2010, B 3 KR 1/10 R).

Auch ambulanten Pflegediensten ist es durch diese Rechtsprechung möglich, ihre Mitarbeiter angemessen zu entlohnen. Tarifliche und an Tarif angelehnte Vergütung – sei es im Rahmen eines Haustarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung Entgelt – muss von den Krankenkassen stets refinanziert werden.

Bei Auseinandersetzungen zwischen Krankenkassen und tarifgebundenen Einrichtungen sollte damit der Verweis auf die Grundlohnsummensteigerung obsolet sein.

Bundessozialgericht: Wohngruppenzuschlag darf nicht auf Hilfe zur Pflege angerechnet werden

Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.05.2017 – B 8 SO 14/16 R –

Das BSG hat am 12.05.2017 entschieden, dass der Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI grundsätzlich nicht auf Leistungen der Hilfe zur Pflege anrechenbar ist. 

Dies war insbesondere im Land Berlin von den dortigen Sozialhilfeträgern so gehandhabt worden. Gegen die Anrechnung hatten sich die Hilfebedürftigen zunächst erfolglos vor dem Sozialgericht Berlin und dem LSG Berlin-Brandenburg gewehrt. Das BSG hat diese Rechtsprechung nun gekippt. 

Beim Wohngruppenzuschlag handelt es sich nach dem BSG-Beschluss nicht um nach dem SGB XII zu berücksichtigendes Einkommen. 

Der Wohngruppenzuschlag geht den Leistungen der Hilfe zur Pflege auch nicht als zweckentsprechende Leistung im Sinne des § 66 Abs 4 Satz 1 SGB XII vor. 

Die Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII, die auf Grundlage der bis zum 31.12.2016 geltenden Gesetzesfassung erbracht worden sind, erfassen ‑ auch soweit sie (nach altem Recht) über die Leistungen der Pflegeversicherung hinaus gehen konnten ‑ lediglich die individuell pflegerischen Bedarfe des Leistungsberechtigten. Soweit die Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs 3 SGB XII im Land Berlin eine Pauschale für die in einer Wohngruppe zu erbringenden ambulanten Leistungen vorsieht, sind auch diese ‑ den bundesgesetzlichen Vorgaben entsprechend ‑ als individuell pflegerische Leistungen vereinbart worden. 

Der Wohngruppenzuschlag dient dagegen nicht unmittelbar der individuellen pflegerischen Versorgung, sondern soll dem zusätzlichen (vor allem organisatorischen und verwaltenden) Aufwand in einer Wohngruppe Rechnung tragen. 

Dem Leistungsberechtigten kann schließlich nicht entgegengehalten werden, dass ggf von den ambulanten Pflegediensten in Berlin schon seit 2005 tatsächlich Leistungen erbracht worden sind, die dem zusätzlichen organisatorischen und verwaltenden Aufwand in Wohngruppen demenzkranker Bewohner geschuldet waren.

Damit sind unzählige Bescheide von Berliner Sozialämtern aufzuheben und Sozialhilfe für etliche Monate nachzuzahlen.

Praxistipp:

Überprüfen Sie sämtliche Bescheide über bewilligte Hilfe zur Pflege dahingehend, ob der Sozialhilfeträger den von der Pflegekasse gewährten Wohngruppenzuschlag angerechnet hat. Ist dies der Fall, können unter Hinweis auf die BSG-Rechtsprechung Anträge auf Überprüfung der Bescheide gestellt werden.

Für den Fall, dass Widerspruch gegen die Anrechungsbescheide erhoben worden sind, können Sie die Sozialämter zur Abhilfe des Widerspruchs auffordern.

Intensivpflege: Vergütung sicher verhandeln

Bisher war es für Intensivpflegedienste vielfach möglich, mit einzelnen Krankenkassen individuell auf den Versorgungsfall bezogene Vergütungsstundensätze auszuhandeln, die je nach Krankenkasse mehr oder weniger auskömmlich waren. Diese Verhandlungsart wird in jüngster Zeit zunehmend von den Krankenkassen abgelehnt. Sie bieten nur noch Standardpreise auf unterstem Niveau an. Will der einzelne Pflegedienst eine höhere Vergütung vereinbaren, wird er auf eine gemeinsame Verhandlungsführung mit anderen Kassen verwiesen. Die Krankenkassen nutzen auf diese Weise ihre ohnehin schon bestehende Verhandlungsmacht gegenüber dem einzelnen Intensivpflegedienst weiter aus. Der Kostendruck lastet dabei voll auf den Pflegediensten, die mit dem gewährten Stundensatz in der Regel nicht kostendeckend arbeiten können.  

Erschwerend kommt hinzu, dass die Krankenkassen Vergütungsverhandlungen von der Erfüllung bestimmter personeller Voraussetzungen und Bedingungen abhängig machen. Dies dürfte zwar rechtlich nicht zulässig sein, denn die Stellung von Bedingungen für die Aufnahme von Verhandlungen ist mit § 132 a Abs. 4 SGB V nicht vereinbar. Vielen Pflegediensten bleibt aber nichts anderes übrig, als die Bedingungen schon im Vorfeld zu erfüllen, um überhaupt in die Vergütungsverhandlungen einsteigen zu können. Die hierfür entstehenden Lohn- und Sachkosten müssen sie selbst vorfinanzieren, sodass die Schere zwischen entstehenden Kosten und „gewährter“ Vergütung weiter auseinander klafft.

Sodann beginnen langwierige und mühsame Vergütungsverhandlungen, die die Pflegedienste vielfach an den Rand der Existenzgefährdung bringen. Von den Pflegediensten wird zunächst eine detaillierte Kostenkalkulation nebst Nachweisen gefordert. Hierbei ist Vorsicht geboten. Entscheidend ist eine vollständige Erfassung aller bestehenden und zukünftigen Kosten, deren Verteilung auf die produktive Netto-Jahresarbeitszeit einer Pflegefachkraft sowie eines angemessenen Gewinn- und Risikozuschlags.

Hat man die Kostenkalkulation eingereicht, vergehen Wochen um Wochen, manchmal Monat um Monat, bis immer wieder neue „Unklarheiten“ geklärt sind. Denn die Krankenkassen rügen mal diese, mal jene Kostenposition als „nicht plausibel“ oder nicht üblich. Wenn dann endlich ein persönlicher Verhandlungstermin angeboten wird (in letzter Zeit wird teilweise auch nur telefonisch verhandelt), endet dies zumeist mit einem erschreckend niedrigen Vergütungsangebot, das wenig nachvollziehbar und häufig kaum oberhalb des zuvor bereits gewährten Vergütungsangebots oder sogar darunter liegt. Des Weiteren wird die Vergütung nicht – wie es richtig wäre – ab Verhandlungsaufruf bzw. ab dem Auslaufen der Vorvereinbarung angeboten, sondern häufig erst ab dem Zeitpunkt, ab dem die „Bedingungen“ der neuen (noch nicht vereinbarten) Ergänzungsvereinbarung für die Intensivpflege erfüllt werden.

Diese Verhandlungsführung der Krankenkassen ist für die Pflegedienste in mehrfacher Hinsicht frustrierend: Einerseits werden die Verhandlungen, bei vollem Kostendruck auf den Leistungserbringern, verzögert. Andererseits werden wesentliche und berechtigte Kostenpositionen nicht anerkannt. Hinzu kommen die Forderung nach Vorbedingungen und die Verlegung des Lauzeitbeginns auf den Zeitpunkt, zu dem nach Ansicht der Kassen die einseitig geforderten Voraussetzungen erfüllt sind.

Der Intensivpflegedienst ist in diesem Fall gut beraten, wenn er seine Vergütungsforderung und den Laufzeitbeginn nicht aufgibt. Er sollte seine Kostenpositionen noch einmal im Einzelnen darlegen und im Hinblick auf ein späteres Schiedsverfahren klären, welche Kostenpositionen aus welchem Grund nicht akzeptiert werden. Es ist wichtig, die einzelnen Dissense zu dokumentieren, damit dies der Schiedsperson später zur Entscheidung vorgelegt werden kann.

Mit den vom Bundessozialgericht vorgegebenen Verhandlungsgrundsätzen hat diese Praxis freilich wenig zu tun. Das BSG hatte bereits im Urteil vom 17.12.2009 (Az. B 3 P 3/08 R) festgelegt, wie Leistungserbringer und Krankenkassen bei Vergütungsverhandlungen zu verfahren haben. Mit Urteil vom 23.06.2016 hat das Bundessozialgericht entschieden, dass entsprechend auch bei der Finanzierung der häuslichen Krankenpflege zu verfahren ist und insbesondere Tariflöhne auch in der häuslichen Krankenpflege als wirtschaftlich anzuerkennen sind (BSG – Urteil vom 23.06.2016 – B 3 KR 25/15 R).  

Danach ergibt sich folgendes Verhandlungsschema:

  1. Zunächst hat der Pflegedienst hat seine Gestehungskosten plausibel und nachvollziehbar darzulegen. Die bestehenden und zu erwartenden Lohnkosten sind plausibel, wenn diese auf normalen Lohnkostensteigerungen oder Inflationsraten beruhen bzw. sich an einschlägigen Tarifverträgen orientieren.
  2. Die Krankenkasse prüft sodann diese einzelnen Kostenpositionen auf Plausibilität und Schlüssigkeit. Für den Fall, dass die Krankenkasse die Plausibilität und Schlüssigkeit argumentativ zu erschüttern vermag, muss der Pflegedienst durch Vorlage von Unterlagen den Nachweis dafür erbringen, dass die Kalkulation auf den voraussichtlichen Gestehungskosten beruht. In Ausnahmefällen kann die Krankenkasse auch die Vorlage von Bilanzen und Buchführungsunterlagen zum Nachweis der Ist-Kosten fordern.
  3. Sind die Gestehungskosten plausibel dargelegt, besteht Anspruch auf Abschluss einer entsprechenden Vergütungsvereinbarung. 
  4. Falls die Vergütungssteigerung bei bestehender Vorvereinbarung oberhalb der Veränderungsrate nach § 71 SGB V liegt, kann sie leistungsgerecht sein, wenn der Pflegedienst hierfür wirtschaftlich angemessene Gründe aufzeigt (etwa Tarifbindung o.ä.).

Was die Laufzeit angeht, so richtet sich diese selbstverständlich nicht danach, wann der Pflegedienst die (noch nicht vereinbarten) Bedingungen der Ergänzungsvereinbarung erfüllt, sondern nach dem Zeitpunkt, zu dem ein Vorvertrag gekündigt wurde, bzw. – wenn keine Vorvereinbarung bestand – zu dem Zeitpunkt, zu dem zu Vergütungsverhandlungen aufgerufen wurde. 

Für die Vergütungsverhandlungen in der außerklinischen Intensivpflege empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:

Es empfiehlt sich, bei der Ermittlung der leistungsgereichten Vergütung für die außerklinische Intensivpflege das Prüfungsraster des BSG anzuwenden, d.h. die Plausibilität der kalkulierten Kosten zu prüfen und anschließend die Kosten und/oder die Entgeltforderung insgesamt an den entsprechenden Werten vergleichbarer Einrichtungen zu messen. Tarifentgelte müssen im Rahmen der Prüfung der Wirtschaftlichkeit keiner Angemessenheitsprüfung unterzogen werden, da sie per se wirtschaftlich sind. 

Von besonderer Bedeutung sind dabei die Nachweispflichten, die mit einem solchen Verfahren verbunden sein können. Bei begründeten Zweifeln über die voraussichtlichen künftigen Gestehungskosten besteht eine Nachweispflicht des Pflegedienstes, die bis zum Nachweis der in der Vergangenheit angefallenen Kosten reichen kann. Der Pflegedienst kann also im Zweifelsfall zu einer weitgehenden Offenlegung seiner betriebswirtschaftlichen Berechnungsgrundlagen verpflichtet sein. Daraus folgt, dass die Vergütungsforderung in tatsächlicher Hinsicht so zu belegen ist, dass die für die Zukunft geltend gemachte Entwicklung der Gestehungskosten plausibel und nachvollziehbar ist. 

Zur Umsetzung dieser Rechtsprechung sollte man im Zweifelsfall zur Erstellung der Kostenkalkulation professionelle betriebswirtschaftliche Hilfe heranziehen. 

Im Übrigen sollte frühzeitig die Erwägung angestellt werden, ob bei Scheitern der Verhandlungen das Schiedsverfahren eingeleitet wird. Im Hinblick darauf sollten die Verhandlungen sorgfältig vorbereitet und dokumentiert werden.

Hilfe zur Pflege nach Tod des Klienten

BSG zeigt Weg zur Abrechnung für ambulante Pflegedienste auf

 Bisher war die Abrechnung von Leistungen der Hilfe zur Pflege gegenüber dem Sozialhilfeträger nur bei Vorliegen eines Bewilligungsbescheides und nur in diesem Umfang möglich. Nicht bewilligten Bedarf erhielten vorleistende ambulante Dienste nicht erstattet, wenn der Klient verstarb.

Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 21.09.2017 – B 8 SO 4/16 R – einen Weg aufgrzeigt, der es ambulanten Pflegediensten ermöglicht, nach dem Tod ihres Klienten die erbrachten, aber nicht bewilligten Leistungen noch zur Abrechnung zu bringen. 

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Sozialhilfeträger bewilligte dem Hilfeempfänger Hilfe zur Pflege in Form der Hauspflege als Sachleistung, die der ambulante Pflegedienst auf Grundlage eines zwischen ihm und dem Hilfeempfänger abgeschlossenen Pflegevertrags erbrachte. Nachdem sich der Hilfebedürftige sodann in einer stationären Einrichtung befunden hatte, teilte dessen Betreuer dem Sozialhilfeträger mit, der Klient lebe wieder in seiner Wohnung. Es werde erneut die Kostenübernahme für häusliche Pflege beantragt, die wieder durch den ambulanten Pflegedienst erbracht werde. Der Sozialhilfeträger forderte diverse Unterlagen an, entschied aber, nachdem der Hilfeempfänger verstorben war, nicht mehr über den Antrag.

Nach dem Tod beantragte der Pflegedienst zunächst erfolglos, an ihn offene Pflegekosten von 4373,67 Euro für die erbrachten Pflegeleistungen aus dem Bewilligungsbescheid zu zahlen. Sodann machte er die Zahlung offener Hauspflegekosten aus abgetretenem Recht in Höhe von 2881,65 Euro geltend. Er habe mit der für den Nachlass des Verstorbenen bestellten Nachlasspflegerin, die für dessen unbekannte Rechtsnachfolger handele, eine Abtretungsvereinbarung geschlossen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte ebenfalls ab.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist ein Sozialhilfeanspruch nach Maßgabe der §§ 5859 SGB I grundsätzlich dann vererblich, wenn der Hilfebedürftige zu Lebzeiten seinen Bedarf mit Hilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hat, weil der Sozialhilfeträger nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat. 

Dabei steht der Fall, dass im Zeitpunkt des Todes wegen einer bereits vor dem Tod durch den Leistungserbringer gedeckten Bedarfslage – wie hier – noch Schulden gegenüber diesem bestehen, die aus dem Nachlass zu begleichen sind, dem Fall der Vorleistung in Geld durch einen Dritten gleich. Denn die (noch zu ermittelnden unbekannten) Erben haben die hierdurch entstandenen Verbindlichkeiten zu begleichen. Diese Fallgestaltung unterscheidet sich substanziell nicht von der Fallgestaltung, in der der Leistungserbringer die Forderung im Vertrauen auf den Schuldbeitritt des Sozialhilfeträgers stundet.

Der ursprüngliche Anspruch auf Sachleistungsverschaffung wandelt sich in einen Anspruch auf Freistellung von der Schuld, wenn – wie hier – die Verbindlichkeit gegenüber dem vorleistenden Dritten (dem Pflegedienst)  noch besteht. 

Nachdem der Pflegedienst die Hilfe zur Pflege erbracht hat und nur noch die Verbindlichkeit ihm gegenüber als vorleistendem Dritten zu erfüllen ist, reduziert sich das Interesse des Berechtigten – hier der unbekannten Erben – auf Kostenfreistellung und Kostenerstattung, ist mithin auf eine Geldleistung gerichtet; dieser Anspruch ist, weil im Zeitpunkt des Todes ein Verwaltungsverfahren anhängig war, auch nicht erloschen.

Die Abtretung eines auf die noch unbekannten Erben übergegangenen Sozialhilfeanspruchs scheitert jedoch an § 17 Abs 1 Satz 2 SGB XII. Danach kann der Anspruch auf Sozialhilfe nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. Die Regelung trägt der höchstpersönlichen Natur von Sozialhilfeansprüchen Rechnung und sieht grundsätzlich keine Ausnahmen vor. Unter das Abtretungsverbot fallen nicht nur die Sachleistungen selbst, sondern grundsätzlich auch ihre Surrogate, insbesondere Geldleistungen, wenn sie zweckgebunden für eine konkrete Dienst- oder Sachleistung gezahlt werden.

Anders liegt es wenn der Hilfebedürftige bzw. seine Erben die selbst beschaffte Leistung zwar nicht vorfinanziert haben, nach dem Tod des Berechtigten aber gegenüber dem zuständigen Leistungsträger zur Vermeidung eines Rückgriffs einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten des Pflegedienstes haben, den sie an den Gläubiger abtreten und der sich dadurch in der Person des Gläubigers der zur tilgenden Leistung in einen Zahlungsanspruch umwandelt.

Wegen des höchstpersönlichen Charakters des zugrundliegenden (Primär-)Anspruchs setzt eine Abtretung dann aber voraus, dass der Anspruch bereits festgestellt ist.  Das abtretbare Recht ist von vornherein auf den festgestellten Anspruch begrenzt.

Im zu entscheidenden Fall hat der Sozialhilfeträger im Zeitpunkt des Todes das Verwaltungsverfahren über seinen Antrag auf „Übernahme“ von Kosten der ambulanten Pflege noch nicht abgeschlossen. Darüber, ob und in welchem Umfang ihm tatsächlich ein Anspruch auf diese Leistungen zustand, hatte und hat er noch nicht entschieden. Eine Entscheidung hatte und hat der Sozialhilfeträger aber trotz des Todes des Hilfeempfängers noch zu treffen. Das Verwaltungsverfahren, das nach dem Tod auf Freistellung von den Kosten gerichtet ist, erledigt sich durch des Hilfeempfängers nicht. Die noch unbekannten Rechtsnachfolger, vertreten durch die Nachlasspflegerin, sind in die Beteiligtenstellung im laufenden Verwaltungsverfahren eingetreten und deshalb berechtigt, den auf sie übergegangenen Anspruch gegenüber dem Beklagten geltend zu machen. Eine Unterbrechung des Verwaltungsverfahrens bis zur Aufnahme durch die Rechtsnachfolger bzw die Nachlasspflegerin sieht das Verwaltungsverfahrensrecht grundsätzlich nicht vor. Deshalb ist der Sozialhilfeträger auch nicht berechtigt, eine Entscheidung über den Anspruch davon abhängig zu machen, ob Erben tatsächlich ermittelt werden können oder der Fiskus als Erbe ggf bestehende Ansprüche (nicht) geltend machen kann (§ 58 Satz 2 SGB I).

§ 19 Abs 6 SGB XII kann nicht so verstanden werden, dass er jede Form der Anspruchsrealisierung durch einen ambulanten Dienst nach dem Tod des Hilfebedürftigen ausschließen will. Es liegt aber allein in der Hand der Nachlasspflegerin (also der unbekannten Erben) die Feststellung des Anspruchs weiter zu betreiben. Besteht ein solcher und stehen auch die Rechtsnachfolger fest, hat der Sozialhilfeträger ihn durch Zahlung an den ambulanten Dienst zu befriedigen; denn auch der Hilfebedürftige selbst hätte im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis nur Zahlung an den Dienst und nicht an sich selbst verlangen können.